Historische Entwicklung

Der Begriff Tracht kommt vom althochdeutschen Wort traht(a) und bedeutet so viel wie „Getragenes“, also Kleidung. Da Trachten heutzutage (und in vielen Teilen der Welt) nur noch eingeschränkt als Gebrauchskleidung benutzt werden, verstehen wir unter Trachten oft historische Kleidungsstücke, die nur mehr zu besonderen, speziell zu traditionellen Anlässen getragen werden.

Ethnografische Einteilung der Tracht
In ihrer überlieferten Form spiegeln Trachten somit die Kleiderordnung einer bestimmten Zeit, einer Region, eines Landes oder der Angehörigen einzelner Bevölkerungs- oder Berufsgruppen wieder. Damals (wie heute) erhielt der aufmerksame Betrachter über die Kleidung Informationen über den Anlass (Arbeit, Abendmahl, Kirchgang, Hochzeit, Kommunion, etc.), darüber aus welcher Region bzw. welchem Dorf der Träger/die Trägerin stammte, wie wirtschaftliche Verhältnisse und soziale Stellung der Person in der Dorfgemeinschaft waren, aber auch über den Personenstand (ledig, verheiratet, verwitwet, verwitwet aber heiratswillig) und die Trauerstufe (Voll-, Halb-, Vierteltrauer, Freudenzeit).

Ethnographen unterscheiden Trachten, welche aus dem städtischen bzw. handwerklichen Umfeld stammen (Berufstracht, Zunftstracht, Amtstracht) von den sogenannten Volkstrachten, welche ihren Ursprung in ländlicher, bäuerlicher Umgebung haben. Obwohl seit dem 15. Jahrhundert frühe Formen bekannt sind, stammen die tradierten, bis heute getragenen Trachtenmodelle oft aus dem Empire (1800–1820), dem Biedermeier (1820–1848) oder Rokoko (1730–1780). Aufgrund ihres historischen Bezugs sind diese überlieferten Trachten bezüglich Farbe, Schnitt, Stoffwahl und Art des Tragens regional oft sehr genau definiert.

Volkstrachten gibt es meist in zwei Ausführungen, als Alltags- bzw. Werktagstracht und  als Festtagstracht. Besonders Festtagstrachten sind oft sehr aufwändig hergestellt und werden mit typischem Beiwerk (zB Hut, Schirm, Beutel usw.) getragen. Trachten- und Heimatvereine, Brauchtumsgruppen, Musikkapellen, Schützenkompanien, Chöre usw. haben sich der Erhaltung dieser Trachten verschrieben. Da aus dieser Zeit jedoch kaum alte Originaltrachten vorhanden sind, handelt es sich dabei fast immer um nach historischen Bildern erneuerte Trachten.

Bestandteile des Dirndls hatten praktische Funktion
Das knielange Baumwollhemd aus Batist oder Leinen, das Frauen in früherer Zeit als Unterkleid und Nachthemd trugen, findet sich heutzutage in verkürzter Form als weiße Trachtenbluse wieder. Sowohl der Abschluss des gekräuselten Ärmels als auch der Halsausschnitt sind häufig spitzenverziert, mitunter sogar bestickt. Der traditionell händisch gezogene (nicht in Falten gelegte) Rock war bis ins 19. Jahrhundert nicht mit dem Oberteil vernäht und meist aus einfärbigem, dunklerem Woll- oder Leinenstoff. Um Stoff zu sparen, aber trotzdem einen schönen Fall zu garantieren, wurde er (anstelle eines breiten Saumeinschlags) oft mit einem sogenannten Kittelblech besetzt. Dazu trug man über dem Hemd (heute Bluse) ein eng anliegendes Schnürmieder aus in sich gemustertem, besticktem oder kariertem Stoff. Metallhaken und Ösen dienten zur Befestigung der Schnürkordel; der Rückenteil war mit Passepoilenähten unterteilt. Vor die Brust, wo unter der Verschnürung das Unterhemd sichtbar gewesen wäre, steckten die Frauen einen mit mehreren Stofflagen verstärkten, eventuell bestickten Brustlatz. Im Lauf der Zeit wurde dieser „Einsatz“ immer kleiner. Er ist heute mit dem Dirndloberteil entweder fix vernäht oder ganz verschwunden. Um das Trachtenkleid (speziell bei der Arbeit) zu schonen, trug die Frau eine aus leichter waschbarem, gestreiftem Stoff bestehende Halbschürze.

Folglich besteht ein Trachtenkleid auch heute noch meist aus einer Bluse, einem Leibrock mit weit fallendem Rock und eng anliegendem Oberteil sowie einer Schürze. Verarbeitung, Materialauswahl, Farbgebung usw. hängen hingegen von regionalen Ausprägungen, persönlichen Vorlieben oder finanziellen Möglichkeiten ab.

Moderne Interpretation historischer Vorlagen
Von den hier beschriebenen, nach historischen Vorbildern gefertigten Trachten unterscheidet sich die sogenannte „Trachten- oder Landhausmode“ dadurch, dass sie zwar bezüglich Schnittführung auf die historischen Vorbilder zurückgreift, diese jedoch saisonal je nach Modetrend frei interpretiert, etwa bezüglich Stoffauswahl (Kunstfasern), Farben (Magenta oder Neongelb), Dekor (Maschinstickerei) und Machart (Reißverschlüsse, Ausschnitt- und Saumgestaltung).

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