Goldhaube

Grundsätzliches über Kopfbedeckung:
Eigentlich erfüllen Kopfbedeckungen vorrangig eine Schutzfunktion (vor Regen, Wind, Kälte, aber auch vor Verletzungen). Daneben dienen Kleidungsstücke natürlich als Erkennungszeichen, die Auskunft über Herkunft, soziale Stellung, Anlass usw. geben. Bei Frauen kommt das schmückende und außerdem ein sittliches Element dazu: Da offenes Haar einer erwachsenen Frau in vielen Kulturen als Herausforderung gilt/galt, wird/wurde es in der Öffentlichkeit bedeckt.

Vorformen

Aus dem Kopftuch oder dem über das Haar gezogenen Schal entwickelten sich bald vernähte und damit der Kopfform angepasste Hauben, die im Mittelalter hauptsächlich aus einer breiten schalartigen Binde unter dem Kinn (Gebende genannt), einem Haarnetz oder Schleier über dem Hinterhaupt und dem tellerförmigen Hutteil, der Schapel genannt wurde, bestanden. Goldstoffe oder Goldfäden zum Verzieren wurden aufgrund des Geltungsbedürfnisses schon damals verwendet, doch waren sie adeligen Frauen vorbehalten.
Ab der Renaissance kann von echten Hauben gesprochen werden, da Schleier oder Haarnetz mittels Drahtgestell und/oder Wattierung versteift wurden. Auch Bestickungen mit schwarzen Glasperlen und/oder goldenen Fäden und Kügelchen sind bereits um 1600 nachgewiesen.

Entwicklung verschiedener Goldhauben

Die Abstammung der Goldhauben von der weichen Leinen-Bodenhaube ist unumstritten. Der Scheitel- oder Kopfteil umschließt dabei den sogenannten Bodenteil (auch Böndel genannt), der den Hinterkopf bedeckt. Variiert wurde diese Form, die heute noch als Babyhäubchen üblich ist, durch einen schirmförmigen Spitzenrand, verschiedene Bänder und Maschen zur Befestigung (unter dem Kinn, am Hinterkopf oder am Scheitel, um den Boden an den Haarknoten zu binden) und durch Versteifungen im Inneren. Natürlich wurde auch das Material (Seide, Spitze, Brokat) je nach Anlass variiert. Über dem Häubchen wurde übrigens in vielen Regionen ein breitkrempiger Hut aus feinem Filz getragen, sobald man das Haus verließ.
Je nach Region entwickelten sich aus dieser Hauben-Grundform durch Vergrößerung und/oder Verkleinerung eines oder mehrerer dieser vier Elemente verschiedene Haubenformen.

Eisenwurzen- oder Linzer Goldhaube

Kopfteil und Boden des ehemaligen Bodenhäubchens sind immer mehr geschrumpft (an der Großböndel-Goldhaube als Übergangsform sichtbar), bis nur noch der versteifte Knauf, welcher allmählich an den Scheitel rückt, davon übrig bleibt. Der Schirm, also der ursprüngliche Spitzenrand, wird extrem vergrößert und damit zum eng um den Scheitel anliegenden Kopfteil, wobei die Enden des Schirms nach hinten gezogen und zum sogenannten Flügel werden. Gleichzeitig verändert sich die Position der Haube auf dem Kopf der Trägerin, was mit den veränderten statischen Verhältnissen zu tun hat, aber  – wie manche Forscher vermuten – auch  als Modeerscheinung (Helmform wurde nachempfunden) zu deuten ist.
Die Entwicklung zur nur mehr aus 2 Teilen bestehenden, auf den Scheitel gerutschten Haube vollzog sich in der Zeit des Rokoko und war zwischen 1780 und 1800 abgeschlossen, obwohl ältere Haubenformen nachweislich noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts getragen wurden.

Unterschiede zwischen Eisenwurzen- und Linzer Goldhaube:

Dass die traditionelle Eisenwurzenhaube bereits gegen Ende der ersten Hälfte des 19. Jhdts. im Erlauftal erzeugt wurde, ist belegt. Die Haube unterscheidet sich bei oberflächlicher Betrachtung kaum von der Linzer Haube, hat aber einen kleineren, reicher und feiner bestickten Knauf. Speziell historische Linzer Hauben weisen oft eine charakteristische Krümmung an der Oberkante der Flügel – wo die Schwalbe sitzt – auf, welche bei ihrer Verwandten aus der Eisenwurzen nicht üblich ist. Auch die steil auf dem Scheitel sitzende, hoch in die Luft ragende Trageweise der Linzer Goldhaube, welche kurz vor und um 1900 bevorzugt wurde, ist und war im westlichen Mostviertel nicht üblich.

Legende zur Entstehung der Goldhauben

Entlang der Ybbs, Steyr oder Kleinen Erlauf gab es um 1800 zahlreiche Hammerherren, die Sicheln, Sensen, Messer und Äxte schmiedeten und diese weit über unsere Region hinaus exportierten. Die meisten besaßen auch Zillen, Flöße, Fuhrwerke und Pferde inklusive Arbeitskräften, die den Transport der Waren durchführten. Es kam auch vor, dass sie Fuhrdienste für andere leisteten. Der Lohn, die sogenannte Maut, soll – so berichtet eine Sage aus Göstling – meist in Hellern beglichen worden sein, dem kleinsten in Umlauf befindlichen Geldstück, das oft stark abgegriffenen und  teilweise verbogen war und aufgrund der Inflation ständig an Wert verlor. Deshalb benähten die Gattinnen der Hammerherren anstelle von Goldflinserln mit diesen kleinen Kupfermünzen ihre Hauben, wodurch angeblich die ersten Goldhauben entstanden sein sollen, was aber eben nur eine Legende ist.

Wert einer Goldhaube

Man sprach von ein-, zwei- und drei-ochsigen Hauben, d.h. von Hauben im Wert von einem, zwei oder drei Ochsen, wobei bis heute die Größe und Reichhaltigkeit des Knaufes ein sicherer Maßstab für den Wert ist.
Selbst einfach bestickte Hauben repräsentieren einen durchschnittlichen Materialwert von 500.- €. Bei Verwendung von vielen Granaten und Folien (große, blattförmige Metallmotive) kann der Wert um 200.- bis 300.- € höher liegen. Dazu sind mindestens 300 Stunden Arbeitszeit zu  veranschlagen. Je mehr Perlen, Flitter und Bouillon aufgenäht wird, desto mehr Arbeitszeit ist nötig, während sich Folien zwar im Materialwert niederschlagen, aber verhältnismäßig schnell zu verarbeiten sind. (Außerdem sind Hauben mit vielen Folien um einiges schwerer, was bei einem Durchschnittsgewicht von 500 g bei längerem Tragen recht unangenehm ist.)
Zusammenfassend ist der Wert einer neu gestickten Goldhaube – sofern sie einwandfrei verarbeitet ist – mit rund 1500.- € zu veranschlagen, wenngleich bei wenig getragenen, einige Jahre alten Hauben derzeit ein Verkaufspreis von maximal 600.- bis 800.- € erzielt wird, weil die meisten  selbst gestickt sind und die eigene Arbeitszeit (leider) nicht gerecht abgegolten wird.
Historische Hauben sind auf ihren Erhaltungszustand und ihr Alter zu überprüfen und  erzielen dementsprechend geringere/höhere Preise. In Antiquitätenläden muss man mit mindestens 1000.-€ rechnen, während Privatverkäufer gewöhnlich moderatere Preisvorstellungen haben. Vor allem lohnt es, vor Kaufabschluss einen Experten (z.b. einen Referenten der Volkskultur Niederösterreich) zurate zu ziehen, um einen allfälligen Restaurierungsbedarf zu erkennen und eine Preisempfehlung zu erhalten.

Verbreitung der sogenannten Linzer Goldhaube

Viele Forscher gehen davon aus, dass sich in der Zeit zwischen 1800 und 1820 die Linzer Goldhaube aus ihrem Kerngebiet (dem Raum zwischen Linz, Enns, Wels und Eferding) entlang der Haupthandelswege von Passau bis Melk, ja sogar bis Wien, über Leoben und Graz bis Laibach, Triest und Venedig sowie vom Innviertel bis in den Salzburger Flach- und Tennengau, von da die Enns aufwärts bis Hieflau und in den Bezirk Amstetten sowie weiter bis ins östliche Waldviertel ausgebreitet habe.
Andere Überlegungen beziehen sich darauf, dass in dieser Zeit an mehreren Stellen gleichzeitig ähnliche Entwicklungen vor sich gegangen sein könnten, die zur Entstehung nahezu identer Haubenformen geführt haben.
Jedenfalls werden abgewandelte Formen der Linzer Goldhaube heutzutage in Oberösterreich, Niederösterreich, der Steiermark, Salzburg, Baiern, Böhmen, Kärnten und Slowenien getragen.

Wann trägt man Goldhaube:

Trachten, also auch Goldhaubentrachten, sind Trägerinnen aus der Herkunftsregion der Tracht vorbehalten. Sie werden ausschließlich zu hohen persönlichen, kirchlichen oder  weltlichen Festen getragen.
Goldhaubenträgerinnen treten vorzugsweise in der Gruppe auf. Es ist also wünschenswert, dass wenigstens drei bis vier Damen gemeinsam an einem Ereignis teilnehmen. Sie haben auf ein würdiges Verhalten zu achten, sich stimmig zum edlen Erscheinungsbild und dem Anlass entsprechend zu benehmen. Haube, Tracht und Beiwerk sollen in makellosem Zustand sein und ein harmonisches Ganzes (ohne Stilbruch) vermitteln.

Was man sonst noch wissen sollte:

Das Besticken der Goldhauben erfolgt nach wenigen traditionellen Mustern, wobei Sonnensymbole (Rad- und Kreisformen), symbolisierte Blumen und Lebensbäume, Mäander- und Bandmuster üblich sind. Trotzdem stellt jede Haube ein Unikat dar, weil die Formen je nach persönlicher Vorliebe der Trägerin mit unterschiedlichen Sticktechniken ausgeführt werden.
Dass die Haube (trotz heutzutage meist fehlendem Haarknoten) ohne Verrutschen auf dem Kopf hält, dafür gibt es einige Tricks (eingenähtes Samtband, gegengleich ineinandergesteckte Haarkämme, Lockenwickler im Haar u.v.m). Auf Hutnadeln sollte jedenfalls verzichtet werden, um den empfindlichen goldfädendurchwirkten Grundstoff nicht zu durchlöchern.

Ein Gedanke zu „Goldhaube

  1. Hallo.

    Ich wohne in Holland und ich habe ein sehr alte goldhaube (ende 18 jhd?), silber vergoldet und mit viel granat? bestuckt.
    Haben sie eine e-mail adresse von einem experte der mich hilfen kann.
    Ich habe detaillierten aufnahmen davon.

    Herzlichen dank,

    Nico Heijlaerts

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